Introducing

hochwald reloaded: so tönt es zurück

Aus musikalischer Sicht ist das Tanz-Theater-Maschinen-Stück Hochwald ein gänzlich ungewöhnlicher Mix, ein sich über Epochen spannendes Abenteuer, eine musikalisch vielschichtigen Klangwolke. Dieser Wald bringt Marschmusik und die hochentwickelte Polyphonie der Spätrenaissance in den Kontext zeitgenössischer Elektronik. Eine Mission für Peter Valentin, der den Wald in der Stadt zum Klingen bringt.

Die Erzählung „Der Hochwald“ von Adalbert Stifter spielt im südlichen Böhmerwald der 1630er-Jahre und ist Vorlage für die jüngste Arbeit von Lawine Torrèn „Hochwald. Tanz der Bäume im Donaupark“. An ihrer Oberfläche spannt sich eine Liebesgeschichte vor der Kulisse des 30-jährigen Krieges – in einer Zeit, die auf vielen Ebenen einen Umbruch für Europa bedeutete. Mit dem Drama eröffnen sich bedrohliche Spannungsfelder: Waldidylle vs. Krieg, Natur vs. Menschenhand, Böhmerwald vs. Wirtschaftswald und Landschaft vs. Gestell.

Die Textfassung von Joey Wimplinger übersetzt die romantische Erzählung von 1842 in das urbane Landschafts- und Stadtbild von Linz an der Donau. Peter Valentin – geboren in Linz, erfahrener Musiker, Sänger, Komponist und einer der ersten im Künstlernetzwerk von Lawine Torrèn – schuf die musikalische Landschaft für diese Linzer Klangwolke 2015. Er bezieht die musikalischen Entwicklungen während und nach dem 30-jährigen Krieg – die Entwicklung der Militärmusik und die neuartige Musiksprache der Renaissance – ebenso ein, wie die Klangwelt einer hochindustrialisierten Gesellschaft. Es ist Valentins dritte Klangwolke, diesmal aber mehr „unplugged“ als man es von ihm seit Baby Jet und Teilung am Fluss gewohnt ist.  

Wie viel Stifter, Wald und unplugged steckt in der Musik für Hochwald?

„Es wird ein Zusammenwirken von Elektronik und Vokalmusik sein, eine für uns alle spannende Begegnung der Gegenwartsmusik mit der Musik der Spätrenaissance“, so Peter Valentin. „Die Kraft der Stille wirkt dabei ebenso wie die Macht der gewaltigen Klänge. Das reizt mich am Komponieren für das Mensch-Maschinen-Theater von Lawine Torrèn besonders: dass es in der Realisation ein umfassend sinnliches Erleben ist. Dass die Musik im Zusammenspiel mit dem Geschehen im Raum so unmittelbar körperlich erfahrbar wird.“  

Von dieser Erfahrung motiviert, schuf Peter Valentin für zahlreiche Großraumproduktionen von Lawine Torrèn die Musik: Taurus Rubens – Theater für Flugzeuge zur Eröffnung des Hangar 7 in Salzburg (2003), Linzer Klangwolke Teilung am Fluss (2005), Jochen-Rindt-Rennfahreroper (2009) am Salzburgring, die Linzer Klangwolke Baby Jet (2010) und Hannibal – Gletscherschauspiel am Rettenbachferner (2001-2019). Die Musik für dramatische Werke zu komponieren und das Bespielen von großen Räumen wie Donaupark oder Rettenbachgletscher mit den passenden Sounds, liegt ihm ebenso, wie die konzentrierte und reduzierte musikalische Aussage in einem kleineren Theaterraum. Je nach Größe und Charakter des jeweiligen Raumes verändert sich die klangliche Konzeption und Instrumentierung seiner Kompositionen. Peter Valentin bewegt sich gern zwischen diesen unterschiedlichen musikalischen Dimensionen und klanglichen Herausforderungen.

Seine intensive Kompositionstätigkeit führte ihn 1991 zum Tanztheater, wo er für die Choreografin Editta Braun die Musik zu etlichen Tanzstücken verfasste. Zu dieser Zeit begann auch die Zusammenarbeit mit Hubert Lepka. Auf die erste Performance Knickerbockers Holiday (1991) in der Szene Salzburg folgte ein Jahr später der Soundtrack für den Kurzfilm Williamswood. Valentin komponierte auch die Musik zu 1161 – Panzerknacker (1994), Dido & Aeneas (2000) sowie Mars: 2068 und Leviathan (beide 2006).

Press conference for Hochwald. Peter Valentin (3. from left) next to Hubert, Hansjoachim Frey and the major of Linz Klaus Luger.

Press conference for Hochwald. Peter Valentin (3. from left) next to Hubert, Hansjoachim Frey and the major of Linz Klaus Luger.

Als ausgebildeter Jazzsänger und ehemaliger Lead Vocalist beim Harri Stojka Express war Peter Valentin jahrelang auf der Bühne zu erleben und viel unterwegs. Der Gesang ist bis heute ein wichtiges Element seiner Arbeit geblieben, davon zeugen CD-Aufnahmen wie Wiener Standards – Wienerlied meets Jazz, ein Programm, mit dem Peter Valentin in den Wiener Jazzclubs Porgy and Bess, Joe Zawinuls Birdland sowie beim Salzburger Jazzherbst auftrat. Der Fokus seiner Kompositionstätigkeit liegt bei Theater und Film – und im Ausloten der musikalischen Möglichkeiten dieser zwei verschiedenen Kunstformen. „Die Schauspieler interagieren im Theater mit der Musik, reagieren direkt darauf, während der Film meistens schon fertig gedreht ist, wenn mit der Musik begonnen wird. Im Theater entsteht die Musik im Idealfall während der Probenarbeit im ständigen Austausch." Bei seinen Filmprojekten, wie u. a. in der intensiven Zusammenarbeit mit Regisseur Wolfram Paulus, wiederum schätzt er „die Möglichkeit, die Wirkung der Musik exakt zu planen und bis zum fertigen Resultat, so wie auch den Film an sich, zu optimieren."

Das unmittelbare Live-Erlebnis von Peter Valentins Musik wurde für rund 100.000 Besucher erneut am 5. September 2015 bei der Linzer Klangwolke möglich. Als der Wald laut und leise in die Stadt kam. (August 2015)

 

Musikbeispiele

Leviathan, music by Peter Valentin

Mars : 2068, music by Peter Valentin, Ulrike Valentin (Sopran)

Jochen Rindt Rennfahreroper, music by Peter Valentin

BABY JET Song, music by Peter Valentin, Johanna Buchmayer (Sopran)

Hochwald, music by Peter Valentin


Photos

Joey, Stefan, Peter, Hubert © Elfriede Vitzthum

Joey, Stefan, Peter, Hubert © Elfriede Vitzthum

Peter Valentin at Donaupark Linz

Peter Valentin at Donaupark Linz

The leading team for Baby Jet © Elfriede Vitzthum

The leading team for Baby Jet © Elfriede Vitzthum