Mystique
A flanders red ale
Stieglgut Wildshut
2.2.2023 18.30 Uhr
An applied choreography about Wild Things, a phantastic cruise and the value of good food and drink.
Nach der gelungenen Präsentation des Wildshuter Bio Perlage wurde Lawine Torrèn erneut eingeladen, eine ganz besondere Kreation des Stieglgutes Wildshut im dortigen Moarhaus vorzustellen: MYSTIQUE, ein Red Ale Sour in flämischer Tradition. Die Performance geriet zu einer phantastischen Abenteuerreise übers Meer zu den „Wild Things“- hat das noch etwas mit Bier zu tun?
An applied theatre. English below.
Art Clip - Mystique
Social Clip - Wildshut Mystique | 4:00 min.
„Als Reifebier entstammt dieses Flanders Red Ale der Biertradition Belgiens. Und nun kommt MYSTIQUE, das Red Ale Sour des Stieglgutes, als Bioprodukt aus der autochtonen Umgebung von Wildshut. Die dortige Landwirtschaft erscheint wie eine prall gefüllte, feiste Kornkammer vor den Toren der Stadt, bloß einen Fußmarsch von unserem Hauptquartier entfert. Der Transfer von belgischer Kunst und Braukunst in die Salzburger/Innviertler Umgebung hat mich beeindruckt und inspiriert“, betont Hubert Lepka die Motive für dieses Projekt angewandter Tanzkunst.
Flandern, dieses mystische, uns so nahe und gleichzeitig so fern liegende Land an der Grenze von französischen und deutschen Dialekten, aus traumgleichen Projektionen, künstlerischen Wurzeln, kulinarischen Besonderheiten, und einer gemeinsamen Habsburger Vergangenheit, die die Unterschiede zu hierorts nur noch mehr hervorhabt, Flandern regt an und auf. Flandern ist Salzburg am Meer. Gotisch, im Kampfgebiet zwischen Wein und Bier gelegen und deshalb beidem zugeneigt. Ungestüm und sanft, gezügelt und vorauseilend zugleich. Traditionell und avantgardistisch. Wild und behütet eben. Umstände aus denen eine angewandte Performance von Lawine Torrèn natürlich schöpft, aber der Kristallisationskern für die erzählende Struktur des Werkes ist ein anderer.
Eines der einflussreichsten Kinderbücher unserer Welt heißt im Original Where The Wild Things Are. Ein kleiner Junge wirft seiner Mutter im Streit an den Kopf I´ll eat you up. Da muss er ins Bett without eating at all. In dieser Nacht erlebt er in seinem Traum eine Seereise mit seinem Segelschiff zu dem Ort, wo die Wilden Kerle wohnen, die Wild Things. Maurice Sendak ist der Autor und Illustrator dieser Monster, die den kleinen Max zum König der Wild Things machen. Und Max ruft: Let the wild rumpus start! Am Ende allerdings wird Max traurig und möchte dorthin, wo ihn jemand am allerliebsten hat. Then from far away across the world he smelled good things to eat & to drink, so he gave up being king of the wild things. Und er segelt viele Tage und Nächte, und Wochen und fast mehr als ein Jahr zurück in sein Zimmer.
Diese kurze Geschichte diente Lawine Torrèn als Inspiration für die Geschehnisse der Handlungschoreographie der fünfzehnminütigen Performance MYSTIQUE in Wildshut.
Was passiert in der Perfomance
Ein Segelboot scheint in einem Meer von Bodennebel zu schweben. Tatsächlich ist es über den Mast so im Dachstuhl aufgehängt, dass es bald aus dem Nebel abhebt, zu einer Abenteuerreise aufbricht und in einen wilden Sturm gerät. Wilde Kerle in eigenwilligen Masken, die Wild Things, steuern das Boot, sodass es desmodromisch segelt. Sie wirbeln es herum und imitieren die wogende See aus Max´ Traum. An der Wand des Moarhauses erscheinen jene Projektionen, die zuvor in und um Wildshut mit den Darstellerinnen gedreht wurden. Es sind bewegte, erzählerische Wandteppiche mit Aufnahmen des Schlosses Wildshut, des Stieglgutes, der nahen, wogenden Salzach, der wilden Au, vollkommen autochton.
Der Score hat vier Teile, fog, wave, wind, coming home. In klassische Satzbezeichnungen übersetzt wäre dies etwa largo, andante, furioso, allegretto. Die Musik zur Szenerie von Projektion, Segeltörn und Tanz stammt aus Belgien, hat flämische Wurzeln und ist gegenwärtig. Die Choreographie im engeren Sinn hingegen nimmt Bezug zur Polyphonie niederländischer Musik der Renaissance, eines Johannes Ockeghem oder Josquin de Prez. Die mehrstimmigen Tanzbewegungen der beiden Tänzerinnen imitieren und variieren ihre Motive zeitlich versetzt, melismieren sie, bringen in ihrer Rhytmik die Bewegungssprache mit dem Liedtext in eine kontrapunktische Beziehung.
Maurice Sendak war mit Tomi Ungerer befreundet, dem anderen weltbedeutenden Kinderbuchautor und Illustrator. Er gewährte Sendak einen kleinen Auftritt in seinem Klassiker Das Biest des Monsieur Racine: als in ganz Paris wegen zweier Kinder ein Tumult ausbricht, versucht ein Amerikaner sich durch seinen Pass aus der randalierenden Menge abzuheben. Das Buch ist ihm gewidmet.
No one, I dare say, no one was as original. Tomi influenced everybody. (Niemand, wage ich zu sagen, niemand war so originell. Tomi hat alle beeinflusst.)
Es sollte mehr ernsthafte Bücher für Kinder geben. Es ist erniedrigend für ein Kind, wenn man so schreibt wie für einen Idioten. Ich glaube, man kann alles für Kinder schreiben, viel freier als für Erwachsene, denen man zu viele Lügen erzählen muss.
Die Kindheit ist ein schrecklicher Zustand. Man kann sich nicht wehren. Es ist immer ein Wunder, dass wir überleben und erwachsen werden.
(Maurice Sendak)
English:
MYSTIQUE is an applied choreography for presenting a new sort of beer, a Flanders Red Ale. The piece is inspired by Maurice Sendak´s “Where the Wild Things Are”, our most beloved children´s book. But as well by the wild and slow brewing at the old austrian „Stieglgut Wildshut“. Watch dance and projection on a rough wall plus a flying private boat in a sea of fog.
performance full length
Photos Performance Moarhaus
© Bernhard Müller
Photos Shooting Wildshut
© Magdalena Lepka